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Surfen im Senegal: Die konstante Welle ins Glück

Im Vergleich zu den Nachbarländern, ist der Senegal ein recht unbereistes Reiseziel. Dabei hat das westafrikanische Land einen endlosen Sommer und perfekte Surfbedingungen. Über eine stetige Welle und eine Italienerin, die das ihr Zuhause nennt.

Traumwellen: Dass Surfen im Senegal super ist, fanden schon die Jungs aus dem Film Endless Summer

Geheim ist hier nichts mehr. Nur der Name: „Secret Point“. So heißt die kleine Bretterbude, die sich am gleichnamigen Surfspot an der schroffen Küste der Hauptstadt Dakar im Senegal ganz im Westen von Afrika befindet. Weit ab vom Chaos und Smog der westafrikanischen Metropole besteht die Welt hier aus dem glitzernden Meer, den bunten Plastikstühlen und der rauschenden Reggaemusik, die den Soundtrack für die Surfer im Meer bietet. Surfen im Senegal? Das ist noch ein echter Geheimtipp.

Reisetipps für Senegal:

Das Licht ist grell und einzig durch die Gicht des tobenden Meeres gesättigt. In der Ferne kann man dem Heranpreschen der Wellen lauschen, die gegen die Felsen des Viertels Les Almadies knallen. Dabei übertönen sie fast das Klirren der Bierflaschen all jener, die sich hier tagein, tagaus einfinden, um zu bestaunen, was es tatsächlich schon seit einigen Jahren gibt: eine richtige Surfszene im Senegal.

Surfen im Senegal: Les Almadies, Yoff & Ngor Island

Angefangen hat alles 1966 mit einem Film, in dem zwei verrückte Surfer aus Kalifornien loszogen, um die perfekte Welle zu finden. Damals waren sie auf der Suche des „Endless Summer“ (Wikipedia | Amazon Prime Video), dem niemals endenden Sommer. Gefunden haben sie ihn – wer hätte das gedacht – unter anderem im quirligen Dakar, genauer gesagt mitten in der beständigsten Welle Afrikas: Ngor Right, einer rechtsbrechenden Traumwelle.

Vom Secret Point aus ist es nicht weit bis zur berühmten Ngor Right, ein lockerer Tagesausflug von Dakar. Der Weg führt von der Küste des beliebten Viertels Les Almadies durch die engen Gassen von Ngor. Er führt vorbei an kleinen, improvisierten Marktständen, an denen Clementinen verkauft werden, über sandige Fußballfelder, auf denen die einheimischen Kinder spielen und entlang von Wohnungen, in denen gerade eine neue Runde senegalesischer Tee getrunken wird. Der ist hier so stark und süß, dass der Löffel förmlich darin stehen kann. Zwischendurch ertönt für europäische Ohren viel zu lauter Pop, vermischt mit dem Donnerhall der traditionellen Trommeln und dem munteren Gesang der Frauen, die sich beim Waschen zufällig getroffen haben und der notwendigen Tätigkeit nun gemeinsam nachgehen.

Beständig und schon lange da: Ngor Right

Am Strand von Ngor ist den ganzen Tag über Betrieb. Familien gehen spazieren, Touristen trinken schon das vierte viel zu große Bier in der prallen Sonne, obwohl es erst Zwölf ist und die Strandverkäufer wollen ihre Flip-Flops endlich an den Mann oder die Frau bringen, die sie schon seit Monaten leger mit sich herumtragen. Ein Versuch ist es ja wert. Wer nicht trinkt und sich nicht sonnt, der sitzt auf der Betonmauer, die sich dank des rüstigen Bastdachs im Schatten befindet. Dort wartet eine ganze Gruppe von Menschen auf eine kleine Holzjolle, die mehrmals täglich Einheimische und Touristen auf die vorgelagerte Insel Ngor transportiert. Wann genau das Boot kommt, das weiß hier keiner so wirklich. Aber das macht auch nichts, denn das in den Tag hinein leben gehört zum senegalesischen Lifestyle dazu. Ein Lifestyle, der gemächlich und entspannt, wenig aufgeregt und eher gelassen ist. Ganz nach dem Motto: Kommt Zeit, kommt Boot. Und kurze Zeit später ist es auch schon da. Die Bootsführer haben ihre Prinzipien: wer keine knallorangene Schwimmweste anzieht, der wird nicht mitgenommen. So einfach ist das. Auch wenn die Überfahrt gerade einmal knappe fünf Minuten dauert, fühlt es sich an, als steche man in See.

Surf Senegal: Ein Strandverkäufer mit Sonnenbrillen am Strand von Ngor in Dakar
Ein Strandverkäufer mit Sonnenbrillen am Strand von Ngor in Dakar
Surf Senegal: Die Verkäufer auf Ngor Island versuchen meist handgefertigte, bunte Bastkörbe an den Tourist zu bringen.
Die Verkäufer auf Ngor Island versuchen meist handgefertigte, bunte Bastkörbe an den Tourist zu bringen

Ngor Island ist dem Cabo Verde vorgelagert und eines von Dakars beliebtesten Touristenzielen. Der Strand ist belagert von kleinen Holzhütten, in denen schon früh am Morgen Fisch gegrillt wird, Wasserpfeifen geraucht werden oder einfach nur eine kalte Cola durch die heiße Mittagssonne hilft. Dazwischen schwirren hoffnungsvolle Strandverkäufer herum, die ihre selbst geflochtenen, knallbunten Bastkörbe verkaufen möchten. Und dann, durch einen kleinen, sandigen Gang hindurch, wird das Rauschen lauter. Hier bricht sie, Ngor Right, die rechtsbrechende Welle an der Westküste.

Aus dem Spaß wird langsam ernst

Das Potenzial der Insel Ngor hat auch der Däne Jesper Mouritzen erkannt. Er übernahm vor Jahren schon das Ngor Surfcamp und verpasste ihm einen frischen Anstrich. Seither bietet er Surfwochen und Surfkurse an, die mittlerweile von vielen internationalen Reisenden gebucht werden. Vor allem im Vergleich zu den Nachbarländern ist der Senegal in Sachen Tourismus schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr und gerade in der Surfszene mitten im Aufbruch.

„In den letzten Jahren haben sich kleine Surfcommunities in den einzelnen Gemeinden gegründet, sodass man heute junge und vor allem einheimische Surfer in Ouakam, Ngor, Yoff und sogar ein paar in La Somone und in Kayar findet“, erklärt Marta Imarisio. Die Italienerin hat zusammen mit ihrem senegalesischen Partner 2010 das Malika Surf Camp in Dakars Viertel Yoff gegründet.

Surf Senegal: Gerade Dakar ist ein echtes Surfmekka. Die Wellen im Viertel Les Almadies sind für Anfänger und Fortgeschrittene zu empfehlen.
Gerade Dakar ist ein echtes Surfmekka

Sie erinnert sich gern an die Zeit zurück, in der Surfen im Senegal kein Sport, sondern Spaß war. „Als ich 2010 in Yoff ankam, surften lediglich ein paar Söhne der Fischermänner auf irgendwelchen Brettern oder kaputten Surfboards, die keine Fins hatten. Damals wurde die Assoziation der Rettungsschwimmer in Yoff gerade gegründet und kurze Zeit später wurde das Surfen offiziell vom Innenminister der senegalesischen Nordküste anerkannt.“

Noch heute ist der Bezirk Yoff, der sich direkt an der Nordküste von Dakar befindet, einer der wichtigsten Häfen für die Fischerei. Das liegt vor allem an seiner Lage, denn er befindet sich mitten in einer riesigen Bucht, die nicht nur Surfer anzieht. Im Gegenteil, täglich werden hier Unmengen an Thunfisch und Schwertfisch gefangen. An anderen Tagen, an denen es für die Fischer fast schon zu rau ist, schnappt sich Marta kurzentschlossen ihr Surfbrett und paddelt raus aufs offene Meer. Dass es dann windig ist und die Brandung nahezu unzähmbar, das ist ihr egal.  Ihr geht es vielmehr um die Atmosphäre im Wasser, die das Surfen im Senegal zu etwas ganz Besonderem macht. Dort, wo Einwohner auf Zugereiste treffen. „Ich liebe es mit den Einheimischen zu surfen, das ist einmalig. Sie lachen immer und surfen, als gäbe es kein Morgen mehr. Sie sind eine wunderbare Inspiration und vor allem Motivation. Ansonsten würde ich wahrscheinlich noch nicht einmal darüber nachdenken, ob ich bei schlechtem Wetter ins Meer gehe. Wenn sie gehen, dann geh ich auch“, erklärt Marta.

Seit mittlerweile acht Jahren betreibt sie ihr Surfcamp und hat dafür vor allem einheimische Surfer eingestellt, die sie tatkräftig unterstützen. Auch sie haben erkannt, dass mehr hinter dem Surfen steckt, als der „Endless Summer“, denn den gibt es hier im Senegal sowieso das ganze Jahr über.

Ein Surfer im Meer vor Dakar
Das Gute am Surfen im Senegal ist, dass das Line-up hier nie wirklich voll ist

„Mittlerweile interessieren sich die senegalesischen Jungs und Mädels mehr für das Surfen. Sie wollen mehr über die Surfkultur lernen und darüber, wie man ein Surfbusiness aufzieht und vor allem, wie das mit den internationalen Surfevents funktioniert. Vor Kurzem erst wurde ich gefragt, wie man eigentlich Wellen liest und den Wind richtig einschätzt“, erzählt Marta. Bisher galt das Surfen im Senegal als etwas, das man aus Lust und Laune macht, als Lieblingsbeschäftigung im Sommer, wenn es sowieso viel zu heiß ist, um sich außerhalb des Wassers zu bewegen.

Spaß haben die senegalesischen Surfer immer noch und das, obwohl aus dem Spaß mittlerweile ein wenig Ernst geworden ist. Mit dem ersten, professionell gesponserten Surfer Oumar Seye wurden mehr und mehr internationale Marken auf den Senegal als Surfdestination aufmerksam. Heute gibt es die Senegal Surfing Federation und acht Surfclubs mit mehr als 280 Mitgliedern. Nebenbei fand die Rip Curl Africa Tour im Senegal statt und umgekehrt nehmen Surfer aus dem Senegal an Surfevents im Ausland teil. Und es wird noch mehr werden, das glaubt auch Marta. „Senegal ist ein sicheres Land und es verbreitet sich immer mehr, dass man hier fast jeden Tag surfen kann. Wieso also nicht von hier in das Afrika-Abenteuer starten?“, so Marta.

Am Secret Point geht so langsam die Sonne unter. Immer weniger Surfer sitzen draußen im Meer. Die Jungs an der Bar drehen die Musik wieder lauter, die Gespräche werden angeregter und der Reggae bringt die ersten Besucher zum Wippen. Das Publikum ist gemischt, wie auch im Line-up im Meer. Europäer, Amerikaner, Einheimische und afrikanische Reisende lassen den Tag genau hier ausklingen, an ihrem geheimen Ort, dem Secret Point, bevor es zurückgeht in das tosende Dakar, in dem die Autos um die Wette hupen und die Luft steht.

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